Schreiben, ein persönlicher Gedankengang

Ich sitze auf meinem Bett und weine. Es ist ok, kein Weltschmerz, nur
Erkenntnis. Trauer und Enttäuschung gehören zum Leben. Eine Ente wird kein Schwan werden und ein Schwan keine Ente. Dabei ist es gleich, ob ich ein Schwan, eine Ente, ein Pinguin oder ein Papagei bin. Für die „anderen“ wird man immer ein komischer Vogel sein. Jede und jeder von uns sucht nach Heimat, nach seinem eigenen Brutgebiet, nach einem
Herzensnest, nach Geborgenheit oder zumindest nach einem warmen Plätzchen, eines, das weniger zugig ist, wo man sein kann, nichts sein muss, wo man atmen kann. Nicht heimlich, nicht mit erhobenem Schild, nicht geduckt oder ängstlich, sondern frei und sicher. Das ist Heimat und mehr braucht es nicht zum Leben, aber auch nicht weniger.

Ich bin auf einem Schlachtfeld aufgewachsen, lebte in einem Flüchtlingsheim ohne beides jemals kennengelernt oder gar betreten zu haben. Es war innen, es umgab mich durch die Erinnerung derer, die mich aufgezogen haben, es wurde mir nahe gelegt durch die unbestechliche Überzeugung meiner Ahnen, unserer Ahnen. Ich lebe in Deutschland.
Einem der reichsten Länder der Erde, eines in dem Wohlstand und Demokratie „herrschen“ – und ja, sie herrschen, sie beherrschen uns mit ihrer ständigen Drohung, abwesend zu sein oder verloren zu gehen, mit ihrem ständig erhobenen Zeigefinger. Sie postulieren Freiheit, Brüderlichkeit, Gleichheit, doch wir leben es nicht. Wir fürchten. Wir fürchten zu verlieren, was wir uns auf die Fahnen geschrieben haben. Wir vergessen, was wir haben, dürfen, sind.

Der Krieg ist vorbei, nur wissen wir es nicht, nicht wirklich.
Steven Porges hat einmal gesagt, dass Kontrolle nicht zum Empfinden von Sicherheit gereicht. Kontrolle ist eine Illusion, sie stresst uns, überfordert uns, lässt uns eng und klein werden, verletzt uns, macht uns agressiv… Allein diese Behauptung müsste wohl in epischer Breite belegt werden, um das Geplapper in unseren Köpfen zum Abklingen zu bringen.

Es klingt nicht ab, es wird lauter, bisweilen schreit es, spuckt, geifert, schlägt. Es tönt wortgewaltig brausend, gnadenlos entmutigend, wie Schlachtgebrüll, welches den Soldaten Mut machen soll. Es hilft gegen die Angst, es hilft um den vermeintlichen Feind als solchen zu erkennen und ihn oder sie gnadenlos niederzumetzeln. Es tötet alles, was Leben ist. Dann steht es da, siegreich über dem weiten Feld der Besiegten, leer. Der Soldat, der sich als Krieger sieht, hat längst vergessen wofür er in den Krieg gezogen ist, hat längst vergessen, was Heimat ist und weiß nicht mehr wofür er kämpft, nur noch wogegen.

Ich will schreiben, ja, und auch darin blieb ich unverstanden, auf dem Schlachtfeld braucht man keine Schreiberlinge. Man braucht Erfüllungsgehilfen mit der Feder vielleicht, welche, die die Geschichte eindeutig beschreiben, sie erschaffen, so, dass es klare Fronten gibt. In
einem Krieg gibt es weder Sieger noch Besiegte, es gibt nur Opfer. Das, was ein Schreiberling will, was er fühlt und lebt, die Faszination und Liebe für Worte, Sätze und Geschichten, sie ist bedeutungslos auf dem Schlachtfeld.

Ich habe es bereits als Kind geliebt, mir Geschichten zu ersinnen. Sie fragen: „Kann man damit Geld verdienen?“ Vielleicht, aber genau darum geht es nicht! Es geht um die Frage, wie man (er)leben kann. Nicht konsumieren, sich nicht beständig ablenken, nicht überleben, er-leben.
Leben in Freiheit und Verbundenheit, wirklich, ehrlich, sinnlich, sinn-voll. Welten schöpfen, wie Bilder aus bunten Farben, wie ein Kind. Spielen, lachen, schaffen, aus Freude am Schöpfen. Mit beiden Armen, mit allen Sinnen, aus Liebe zum Leben, zwecklos sinnvoll.

Eine „Tätigkeit die Belohnung in sich selbst findet“ lässt Axel Brauns seinen Protagonisten sagen. Er ist ein Autist, einer, dem man Wert und Leistungsvermögen abspricht, ein Narr, einer, der nicht „arbeiten“ muss, weil er es nicht kann. Einer der frei ist, weil er nicht um seine Zugehörigkeit kämpfen muss. Sein Platz ist klar. Er steht am Rande der Gesellschaft, der darf das: er-leben.

Schreiben? Ist das nicht so’n Hausfrauenkram? Du willst schreiben? Du? Kann man damit Geld verdienen? Kannst du ja machen, aber die Arbeit geht vor. Man kann ja nicht immer machen, was man will – man muss ja auch mal… Muss man? Ich nicht, gerade nicht, aber pscht… lieber nix sagen. „Neid ist die deutsche Form der Anerkennung“ – sagt Nina George.

Die darf das jetzt, nach 20 Jahren, jetzt ist sie Bestsellerautorin, jetzt hat sie eine Stimme, jetzt, ein bisschen vielleicht. Auch sie lebt von der Sehnsucht der Leute, davon, dass sie besser konsumieren als kreieren können, weil sie leer sind, weil sie ratlos auf dem Schlachtfeld stehen und beginnen, Dinge zu horten für ihre Sicherheit, sich abzulenken vom Schmerz der tiefen Verletzung, der Trauer um all die Verluste. Ihr Vortrag, den ich gestern im Internet gefunden habe, hat mich ermutigt. Ich muss kein Geld damit verdienen, ich muss nicht berühmt werden, ich darf einfach sein, einfach sein! Ich darf schreiben!
Anstatt mir buntes Spielzeug zu kaufen, anstatt als Tourist in ferne Länder zu reisen, anstatt mich einer Leistungs- und Konsumgesellschaft zu unterwerfen… lieber heimlich, denn Neid ist vielleicht wirklich die einzige Art der Anerkennung, die man in Deutschland kennt – das Mitfreuen, das Gönnen, das Miteinander-teilen… ach, das wäre schön.

Und die gibt’s ja auch, die, die gestalten wollen, nicht nur wollen, sondern auch tun, unprätentiös – klar, einfach, unaufgeregt. Nur stehen sie selten auf einer Bühne, um sich bewundern zu lassen. Sie haben keine Zeit dafür, im Rampenlicht zu stehen, sie wollen weiter machen, lachen, schöpfen, sein. Man sagt, sie haben es zu nichts gebracht, kein Hab und Gut, kein Ruhm, keine Bewunderung, nur faule leise Freude, nur stille glückliche Zufriedenheit, nur bunte laute Fröhlichkeit und eine für manche schier unerträgliche herzliche Freundlichkeit.

Neid ist die deutsche Form der Anerkennung und Neid ist ein Feuer, eine Abrissbirne, eine Faust. Neid speist sich aus Mutlosigkeit, aus Schmerz, aus Angst. Und so vergönnen wir uns und anderen das Leben. Postulieren Konsum und Leistungsgesellschaft, erhöhen die Eigendrehung und die Geschwindigkeit, begraben uns unter Tonnen von Plastikspielzeug.
Rennen viel zu laut über die Kirmes der Ablenkung. Ergeben uns in der Sucht nach Zuckerwatte und Neonlicht. Bestätigen uns gegenseitig: „Man kann ja nicht immer… man muss ja auch mal…“

Stell dir vor, es ist Kirmes und du schwänzt heimlich…

Your choice, take it, take care!

Der kleine Unterschied, über Versagen, Freundschaft und Verantwortung…

Ein Freund erzählte mir vor ein paar Tagen, dass er zum alljährlichen Martinsmarkt gehen wolle, um dort ein bestimmtes Besteck zu erstehen, welches er am Vortag in der Auslage gesehen hatte. Ich bat ihn daraufhin, mir auch eines mitzunehmen. Leider war es an dem Tag bereits ausverkauft. So weit so gut. Manchmal laufen die Dinge nicht so, wie man sie sich vorgestellt hat und man bekommt nicht das, was man sich ausgemalt hat. Man hat vielleicht jemandem eine Zusage gemacht und kann diese nun aus irgendeinem Grund nicht einhalten.

Als ich nichts weiter hörte, fragte ich nach, ob es mit dem Besteck geklappt hatte. An dieser Stelle wurde dieses kleine Ereignis zum Gedankenanstoß.

Er schrieb mir, dass er das Besteck nicht bekommen, aber es stattdessen für mich im Internet bestellt habe. Diese Geste empfand ich als außerordentlich freundschaftlich und tatsächlich unerwartet. Mir fielen sechs Möglichkeiten für den Verlauf dieses unbedeutend erscheinenden Ereignisses ein:

  1. Er hätte mir schreiben können, dass er es vergessen hätte und Wichtigeres im Kopf hätte, als an mein dämliches Besteck zu denken. – die agressive Variante.
  2. Er hätte mir lapidar mitteilen können, dass er es leider vergessen hätte oder nicht mehr daran gedacht habe. Die übliche Reaktion darauf wäre dann, mit „macht nix, hätte ja klappen können“ zu antworten. – die achtloe Variante.
  3. Er hätte mir sagen können, dass es leider nicht geklappt habe, die Ware ausverkauft gewesen sei. Er hätte mir dann einen Link zum Bestellen des Bestecks schicken können. -die verbindliche Variante.
  4. Er hätte mir sagen können, dass er dort war, es aber leider bereits ausverkauft war und er mir stattdessen das Besteck im Internet bestellt habe. – die freundschaftliche Variante.
  5. Er hätte es auch übertreiben können, sich überschwänglich entschuldigen, mir das Besteck schicken und dazu noch Schokolade oder sonstiges hinzufügen können, um meine vermeintliche Enttäuschung auszugleichen. – die übergriffige Variante
  6. Er hätte mich anlügen können, das Besteck bestellen und es mir zusenden können, ohne zu erzählen, dass es ausverkauft war oder er es vergessen hatte. – die heimliche Variante.

Es gibt immer unzählige Möglichkeiten zu reagieren, etwas zu sagen oder zu verschweigen – vermeintliche Kleinigkeiten, bedeutsame Unterschiede…

Was würden Sie tun? Was würden Sie erwarten, was erhoffen, was befürchten? Was erzählt dies über Sie? Was sagt es über ihre Beziehung(en) aus?…

Your choice, take it, take care!

Die nüchterne Wahrheit über Beziehungen, auch Engel pfurzen und Helden müssen auf die Toilette…

Wir haben aus historischen Gründen ein gesellschaftlichen Konsens, den Mythos von der romantischen Liebe. Natürlich greift die Unterhaltungsindustrie diesen Mythos gern auf, dennoch, der Begriff Roman stammt aus der Romantik. Diese Geschichten sind spannend, aber wenn wir versuchen aus unserem Leben einen Roman zu machen werden wir enttäuscht sein.

Google meint zur Epoche der Romantik: „Der Begriff der Romantik ist älter als die Epoche. Er entstand im 17. Jahrhundert zur Beschreibung der Eigenart romanhaften Erzählens im Roman und der Romanze. Gemeint waren damit abenteuerliche, phantastische, unwirkliche und erfundene Geschichten.

Ich möchte noch einmal unterstreichen, dass es Geschichten von unerfüllten Sehnsüchten und Schmerz sind, von Tiefe, Nacht und Dramen, der Sucht nach Neuronenfeuer, der Vergänglichkeit. Bei genauem Hinsehen Prima für die Leinwand und die Bühne, grausam und kräftezehrend fürs Leben. Kein gutes Modell für nährende Beziehungen, in keinem Fall!

Und das mit den „Schmetterlingen im Bauch ist auch fürn Arsch“ – möchte ich in Anlehnung an einen Buchtitel zitieren. Das, was wir dann nämlich empfinden ist das Signal eines hoch alarmierten Nervensystems. Dann sagt uns jemand „du bist verliebt“ und wir lernen, wie diese Körperempfindung zu werten ist. Hinzu kommt noch die Idee, dass wir in diesem Fall unseren Gefühlen eine unbedingte Wahrheitsgarantie zuweisen. Man solle auf sein Bauchgefühl hören… nun, es gibt Kulturen in denen wird diese „Verliebtheitsgefühl“ als bedenklich und krankhaft gewertet… tatsächlich! Bedenkenswert finde ich, vor allem, weil diese Schmetterlinge nicht immer bunt, sondern häufig auch schwarz daher kommen, metaphorisch gesehen natürlich ;-).

Auf Dauer ist die romantische Bindung auf jeden Fall nicht lebbar, sie gleicht dem Heroinkonsum und birgt ein erhebliches Suchtpotential.

Zum einen kann niemand immer nett adrett und heldenhaft sein, zum anderen wird man niemals einen Menschen finden, mit dem alles immer super und im Einklang läuft. Soweit so gut, eine Binsenweisheit. Wir suchen, wir überlegen, wir projizieren unsere Wünsche auf oder in jemanden, dennoch. Wenn es dann nicht klappt ziehen wir weiter, dennoch. Oder wir arbeiten uns aneinander ab, versuchen irgendwie geliebt zu werden, leiden, weil wir nicht lieben und nicht lügen wollen oder weil wir uns Liebe wünschen, sie aber nicht bekommen, mühen uns ab, uns selbst oder den anderen zu verändern etc. Im Grunde geht es um das Bedürfnis nach sicherer Bindung, nicht um unbedingte und absolute Wunscherfüllung – aber das haben wir wohl irgendwie vergessen…

Ich fürchte es gibt da eine ernüchternde Wahrheit: Je höher der Umsatz von Geben und Nehmen desto stärker die Verbindung. Je stärker die Verbindung desto größer die Chance auf Liebe. Liebe ist vertraute und sichere Verbundenheit.

Als Menschen haben wir zwei existentielle Grundbedürnisse, nach Bindung und nach Autonomie oder auch nach Zugehörigkeit und Freiheit, nach Sicherheit und Selbstwirksamkeitserleben, nach Geborgenheit und Spaß etc. Es spiegeln sich immer zwei Gegensätze, die in ein ausgeglichenes Verhältnis, ein Gleichgewicht gebracht werden müssen, um ein ausgewogenes Leben zu gestalten. Dies ist nicht zu verwechseln mit Starre oder Langeweile, das wäre dann der Fall, wenn kein Umsatz stattfindet.

Wir brauchen also eine ausreichend hohe Amplitude mit einer dynamischen, aber doch noch gemütlichen Frequenz in unserem Leben. Spanned genug, um uns wach zu halten, seicht genug, um uns nicht aus der Bahn zu werfen. So ganz aussuchen können wir uns das häufig nicht, oft ist die Schwingung in unserem Geburtsumfeld schon nicht optimal. Aber, so, wie eine Kiefer, die an einer Steilküste im scharfen Wind heran wächst, kann auch der Mensch sich erstaunlich gut in seine Familie einpassen und überleben.

Nun treffen unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Prägungen, Gewohnheiten, Bedürfnissen, Erfahrungen und Ideen über die Welt aufeinander und scannen einander ab: Gibt es Gemeinsamkeiten? Ist der oder die andere Freund oder Feind? Bekomme ich etwas oder laufe ich Gefahr, dass mir etwas weggenommen wird? … Und alle suchen nach Bindung unter dem Erhalt der Autonomie.

Was haben Sie gelernt? Haben Sie gelernt, dass man etwas geben muss, um etwas zu bekommen? Haben Sie gelernt, dass Sie um Ihrer selbst willen geliebt wurden und immer genug da ist oder haben Sie gelernt, dass es nie genug gibt und man streng darüber wachen muss, um alles beisammen zu halten? Oder haben Sie gar gelernt, dass Sie sowieso nie das bekommen, was Sie sich wünschen und nehmen es deswegen meist nicht einmal mehr ihre Bedürfisse oder Grenzen wahr?

Die Regeln sind ganz einfach: Einer gibt, der andere nimmt und umgekehrt. Ob dabei Steine oder weiche Pälzchen ausgetauscht werden ist für die Bindung erstmal nicht so erheblich, für das Wohlbefinden aber schon. Auch Schläge sind Berührungen, nur beschädigen sie Leib und Seele. Eine Beziehung kann nährend oder zehrend sein, je nachdem, ob sie sich im positiven oder negativen Umsatz-Bereich abspielt. Manch einer macht ein Pokerspiel daraus, eine unendlich ausdenkbare Metapher…

Positive Umsätze nähren, lassen Menschen wachsen, gesunden und geben ihnen die Möglichkeit zu friedlicher und lebendiger Autonomie. Ausgehend von einer sicheren Basis als Archimedischen Punkt kann man Welten bewegen.
Negative Umsätze blockieren und machen uns zu Suchtmittel-Konsumenten die versuchen das Glücks-Defizit auszugleichen, welches unweigerlich durch solch zehrende Beziehungen entsteht.

In zehrenden Beziehungen besteht das Glück in wenigen erleichternden Momenten, in nährenden Beziehungen bildet es eine Basis von Zuversicht und Zufriedenheit. Ein funkelnder Diamant fällt im Schlamm natürlich mehr auf, so werden die kleinen Glücksmomente im andauernden Beziehungsdrama zum Feuerwerk, während eine starke Basis die Gesamtstimmungslage hebt.

Möchten Sie lieber überwiegend in einem lichtdurchfluteten Raum leben oder zumeist in einer ewigen Nacht auf ein andauerndes Feuerwerk hoffen?

your choice, take it, take care

It takes two to tango – wie man gute Gepräche führt, ein Gedankengang zur Kommunikation

Eric Berne hat in seinem Buch „Spiele der Erwachsenen“ eine Reihe von Kommunikationsmustern beschrieben, die er als häufig vorkommend beobachtet hat.

Er nennt diese Muster „Kommunikationsspiele“, weil sie immer wiederkehrenden Regeln folgen. Kennt man diese Regeln, dann kann man das Spiel spielen. Vielleicht kennen Sie das Spiel „Wetter“? Jemand gibt einen Gesprächsimpuls, indem er oder sie eine Bemerkung über das Wetter macht: „Heute soll es ja regnen…“ darauf folgt dann vom Gegenüber eine gefällige Antwort, z.B. „Ja, das wäre auch nötig. Ich musste die letzten Tage jeden Morgen im Garten gießen“ oder vielleicht auch „Der Sommer ist ja schön, aber ab und zu brauchen die Pflanzen ja auch Wasser. Am besten wäre es, wenn es nachts regnet und wir tagsüber das schöne Wetter genießen können“. Weniger günstig wären kurzsilbige oder kritische Antworten wie: „ja“ oder „Der Wetterbericht erzählt immer viel. Neulich hatten sie Sonne angesagt und es hat geregnet. Die haben doch keine Ahnung…“

Wenn jemand das Spiel kennt und gut beherrscht, dann ist es als würden wir miteinander tanzen. Ein Impuls folgt dem anderen, man kommt in einen leichten Rhythmus und tritt sich nicht gegenseitig auf die Füße. Solche leichten Gespräche nennt man „Smalltalk“.

Smalltalk, das kleine Gespräch, erscheint meist oberflächlich und wird gern als weniger wichtig abgewertet. Das Wetter ist offensichtlich, warum redet man einen derartigen „Dummfug“ über das Wetter? Weil es nicht um das Wetter geht! Es geht darum, guten Kontakt zu schaffen, einander kennenzulernen, unangehmes Schweigen in kurzzeitigen Zwangsgemeinschaften zu überbrücken und Informationen auszutauschen uvm.

Alle diese „Kommunikationsspiele“ ergeben dann Sinn, wenn wir sie als Mittel zum Zweck der Verbundenheit betrachten. Menschen kommunizieren mit Worten immer aus einem Grund und mit einer Intention. Diese kann sehr bewusst, vage geahnt oder auch rein impulsiv geschehen.

Intentionen sind zum einen explorativ – das Abtasten der Situation, der eigenen Position, das Erforschen der Chancen und Grenzen in diesem Kontext. Wer oder wie sind die anderen? Wie stehe ich dazu? Ist die Situation sicher? Ist das Gegenüber Freund, Feind oder irgendetwas dazwischen? Wie komme ich bei den anderen an? etc…

Zum anderen geht es auch darum, dass eigene Bedürfnisse befriedigt werden. Wir möchten positive Aufmerksamkeit und Sicherheit gewinnen, wir wollen gesehen, akzeptiert und am liebsten gemocht werden. Je nachdem, wie unsere Grundidee von der Welt und den Menschen ist, kann dies gut gelingen oder wie ein immerwährendes Staksen im Nebel über ein Tretminenfeld sein… Erinnern Sie sich an Ihre erste Tanzstunde? 😉

Es kann sehr erhellend sein, sich seiner eigenen Bedürfnisse und Motive in solchen anfänglichen Kommunikationsmomenten bewusst zu sein.

Wie heißt es so schön? „Your never get a second chance for a first impression„…

Tanzen, einen Aufsatz schreiben, ein Instrument spielen – das muss man lernen, dafür gibt es Schulen, Kurse, Unterricht und Lehrende… und für Kommunikation?

Kommunikation ist eine grundlegende Kulturtechnik, die es nicht in den Lehrpan der Schulen geschafft hat. Dennoch steht und fällt alles mit ihr!

Vor Lesen, Schreiben und Rechnen käme Fühlen, Denken, Bewegen und Kommunizieren, das aber setzen wir oft als irgendwie gegeben voraus. Wir nennen das dann „Charakter“ und zucken mit den Schultern, wenn jemand sich unglücklich anstellt.

Wie schade! Man könnte sich und anderen viel Leid ersparen, wenn sich mehr Menschen für die Idee des flexiblen Selbstkonzepts entscheiden könnten. Also dafür, dass der Mensch nicht irgendwie „ist“ und auf die Welt trifft, sondern das der Mensch in und mit jeder Begegnung anders ist und /oder wird bzw. es sein könnte. Dies in Erwägung zu ziehen, wäre zumindest ein erster Schritt…

Veränderungen sind möglich – täglich, stündlich, augenblicklich, JETZT! Möglich bedeutet weder notwendig noch hinreichend, möglich bedeutet nur, dass Sie etwas damit zu tun haben könnten, wenn Sie wollten bzw. wenn Sie wollen könnten…

your choice, take it, take care!

Toxische Positivität oder warum Harmoniesucht zu Krieg führt…

In einem Podcast wurde ich heute auf den Begriff „toxische Positivität“ aufmerksam. Kritisiert wurde der unterschwellige Zwang zu stets guter Laune, positiver Sichtweise und guten Gefühlen. Ich denke da an eine Mitschülerin unter deren Profil in der Abschlusszeitung „penetrant gute Laune“ stand. An bunt und weit gekleidete Damen, die einander leicht affektiert ihre Begeisterung um die Ohren schlagen oder an den ein oder anderen Mitmenschen, der oder die mit verhaltenem Stolz verkündet „harmoniesüchtig“ zu sein und es deswegen eben immer allen schön machen wollte.

Und ich denke an Ruth Cohn, die einmal in etwa gesagt haben soll, dass viele Menschen nicht „wüssten“, dass auch Trauer, Ärger, Angst und Unsicherheit zum Leben dazu gehören würden. „Das Leben ist kein Ponyhof“ mag der eine oder die andere postulieren, das stimmt; UND möchte ich hinzufügen, es ist auch kein Schlachtfeld, zumindest muss es das nicht sein. Das Leben ist erst einmal einfach da, es ist, wie es ist.

Uns begegnen Dinge, Menschen, Ereignisse. Wir machen Erfahrungen, lernen, erinnern und vergessen. Wir bewerten aus Gewohnheit meist alles, was uns begegnet: Ist es neutral, dann bemerken wir es vielleicht kaum, fällt es uns auf, dann scannt unser Organismus blitzschnell, ob eine Bedrohung oder vielleicht auch eine Belohnung anstehen könnte. Danach reagieren wir, oft unmittelbar, manchmal bewusst, meist eindeutig.

Im Grunde wäre es gut, wenn man die Welt als einen grundsätzlich freundlichen Ort wahrnehmen würde, wenn man optimistisch und kreativ zugewandt auf Menschen und Umstände reagieren würde.

Toxische Positivität aber ist etwas anderes. Sie blendet Missstände aus, überzieht die Welt mit Zuckerwatte, reagiert überempfindlich und wirkt nicht selten passiv agressiv. Die Not eines Menschen nicht anzuerkennen, sie als unberechtigt oder negativ abzuwerten, ist eine Form schmerzhafter Ignoranz. Jegliche Missstände mit allzu freundlicher Attitüde zu übertönen, ist sich selbst oder anderen gegenüber alles andere als liebevoll, freundlich oder positiv.

Intuitiv bemerken wir die kognitive Dissonanz zwischen radegebrochener Süßholzraspelei oder angestrengt lächelnder Schönfärberei und dem darunter verdeckten Misthaufen. Auch wenn sie noch so viel Zuckerwatte auf einen Hundehaufen schichten, er stinkt darunter hervor.

Manchmal werden Menschen angestrengt positiv, wenn sie mit den vermeintlich negativen Gefühlen nicht zurechtkommen. Dann darf nicht sein, was nicht ins schöne harmonische Bild passt.

Vor allem an besonderen Anlässen wie Familienfeiern, Ostern, Weihnachten, Hochzeiten oder zu anderen wichtigen Ereignissen kommt die Harmoniesucht zum Ausdruck. Es soll alles schön sein, perfekt, wie im Fernsehen, harmonisch – schick, charmant und abwaschbar…

Was dabei heraus kommt, ist nicht selten ein Desaster! Jede/r kennt das und Loriot hat sehr viele wunderbare Kurzfilmchen dazu gedreht.

Passiv – und dann auch aktiv – agressiv kommt die Toxizität in der Cancel-Kultur und im Snowflakedasein zum Ausdruck. Da werden Menschen in Bedeutungs- und Absichtskontexte gepresst, die sie nicht gewählt und auch nicht verinnerlicht haben. Sie werden verurteilt, ausgeladen, beschimpft, ja sogar bekämpft, indem man ihre Äußerungen oder ihren Ausdruck quasi dämonisiert und entsprechend entrüstet bekämpft.

Möglicherweise trägt jemand, vollkommen arglos und aus Sympathie für eine bestimmte Kultur die „falsche“ Frisur, trägt die „falschen“ Schuhe oder benutzt einen Begriff, den jemand anderes als beleidigend empfindet. Die ursprüngliche Absicht wird nicht mehr geprüft, der oder die Betroffene wird genötigt, sich von etwas zu distanzieren, was er oder sie möglicherweise niemals angenommen hatte. Eine Form der Be- und Eingrenzung, die ich als gewaltsam und fragwürdig empfinde, ja als Zensur, manchmal auch als Diktatur des Geistes.

Allein diese oben beschriebene Aussage könnte mich disqualifizieren, das erzeugt in mir Wut und Ohnmacht – aber ja, diese beiden Gefühle sind ja auch nicht erwünscht – wie schade! Wie schade, dass wir einander nicht versöhnlicher und lösungsorientierter ansehen und begegnen. Wie schade, dass man die tiefen Töne aus der Harmonie des Lebens streichen möchte… Ich halte es für äußerst gefährlich, wenn wir versuchen den Schatten aus dem (Er)leben zu streichen. Zuerst sind es nur die tiefen Schwarztöne, dann aber erscheinen die dunkelgrauen ebenso als zu dunkel und am Ende ist selbst das helle Grau schon untragbar…

Lieber möchte ich hinsehen, unbedingt, mit mutigen Sinnen, liebevoll, lösungsorientiert, klar und unerschrocken. Mich über das Schöne freuen, mich über das Unschöne ärgern, wütend, traurig, unperfekt, naiv und kritisch sein, menschlich sein, jeden Tag lebendig sein.

Gewalt lehne ich ab, aber besiegen werden wir sie nicht, indem wir versuchen, die Schatten aus unserer Welt zu streichen. Umarme die Schatten, dann werden sie dich lehren, das Licht zu schätzen. Du musst sie nicht lieben, aber wir alle müssen mit ihnen leben. Und wenn man Licht ins Dunkel bringen möchte, dann sollte man keine Mauer darum bauen.

Harmoniesucht schafft keine Harmonie sondern Krieg. Ich halte es für unabdingbar, dass wir lernen mit allen Facetten des Daseins umzugehen, sie auszuhalten, am besten gemeinsam. Was denken Sie?

your choice, take it, take care!

Bleizucker, schleichend giftige Geschenke für die Seele…

Das Wort Gift bedeutet im Englischen Geschenk, im Deutschen bedeutet es, dass etwas schädlich ist. Dieses Teekesselchen ist ein „falscher Freund“, beide Begriffe haben eine gegensätzliche Bedeutung. Dieses Wortspielchen fiel mir ein als ich darüber nachdachte, wieso manche Geschenke giftig sind.

Im Grunde ist es passive Gewalt, wenn man jemandem etwas schenkt, von dem man weiß, dass es den anderen verletzt. Passive Gewalt nennt man es, wenn die Agression maskiert wird. Sie ist perfi,de, weil der oder die Agierende sich hinter argloser Absichtslosigkeit verstecken kann, falls die Zielperson sich wehren wollte. So ein „Geschenk“ wirkt wie eine hinterhältige Verletzung, gegen die man sich nur schwer wehren kann.

Dazu fällt mir der Spruch „das Gegenteil von gut ist gut gemeint“ ein. Es ist zwar nicht immer gut gemeint, aber es wird als solches verkauft. Sie bitten jemanden z.B. um Hilfe und diese Person hilft engagiert, nur können Sie sich gar nicht über diese Hilfe freuen, denn was auch immer Sie erhalten, ist nicht das, was Sie brauchten oder wünschten, meist ist es hinterher noch schlechter als vorher. Nur sind Sie jetzt genötigt, „dankbar“ zu sein, obwohl Sie im Grunde genommen geschädigt worden sind.

Vielleicht erhalten Sie auch ein Geschenk, Nussschokolade für den Allergiker, eine Schlager-CD für jemanden, der diese Musik ablehnt… Als Kind erhielt ich einmal im Juleklapp eine verrottete Mandarine und ein Kinderbuch über ein Thema, mit dem ich nichts anfangen konnte. Letzteres war sehr wahrscheinlich keine Absicht, denn das Kind, welches mir dieses Päckchen überreichte, kannte mich gar nicht. Kennt der oder die Schenkende Sie aber, dann sieht die Sache anders aus.

Es ist nicht immer Absicht, manchmal ist es auch Unvermögen; den Unterschied bemerken Sie an der Reaktion Ihres Gegenübers. Äußert die Person Bedauern, Verständnis oder Mitgefühl und sucht den entstandenen Schaden wieder auszugleichen, wenn Sie Ihren Schmerz oder Ihre Enttäuschung zeigen? Hat sie Interesse daran, Ihre Beziehung durch ausgleichendes Verhalten wieder ins Lot zu bringen? Das wären gute Zeichen.

Wenn es aber dazu kommt, dass man Sie als zu anspruchsvoll, undankbar oder empfindlich bezeichnet und keinerlei Mitgefühl für Ihren Schmerz zeigt, sondern im Gegenteil, Ihnen quasi auch noch die Schuld an Ihrer Verletzung in die Schuhe schiebt, dann ist dieses Nachtreten ebenfalls Gewalt und weist zumindest auf eine gewisse Gleichgültigkeit Ihnen gegenüber hin. Manche Menschen ziehen aus diesem passiv-agressiven Verhalten auch eine Genugtuung. Sie können anderen unter dem Mäntelchen der gutmenschlichen Hilfsbereitschaft schaden, quasi ohne dafür belangt zu werden. Sie maskieren ihre Agression geschickt und können sich leicht empören, falls man ihnen Vorwürfe machen sollte. Zudem ist es auch so viel leichter im Außen Verbündete und Bestätigung für sein heldenhaftes Verhalten zu bekommen. Der oder die „Beschenkte“ hat das Nachsehen und bleibt mit seinem Schmerz und dem Schaden ohnmächtig zurück.

Ist es Ihnen auch schon einmal passiert, dass eine Hilfe oder ein Geschenk nicht passte? Wie haben Sie sich verhalten? Was würden Sie sich in diesem Fall von einem Gegenüber wünschen?

Wenn ich nicht weiß, was ich jemandem schenken soll, aber das Bedürfnis habe, jemandem etwas Gutes zu tun, dann frage ich nach. Ich frage nach Hobbys und Interessen, danach, ob ich dieser Person etwas Gutes tun darf und kann, ich höre genau zu, ob ich zwischen den Zeilen in einem Gespräch etwas erspähen könnte. Lieber schenke ich nichts und übersende nur allerliebste Grüße, als dass ich den anderen wohlmöglich unabsichtlich verletze.

Im Zweifel einfach mal nachfragen, so sehe ich das. Wie sehen Sie es?

Your choice, take it, take care…

Sucht ist eine Erwartungserinnerung, die dem Ende der Täuschung entgegensteht….

Man sagt, dass Sucht immer auch mit Sehnsucht und mit Suche korreliert. Wir sehnen uns nach etwas, wir suchen danach und manchmal ist die Bedürftigkeit so stark, dass das Loch in der Seele zum schwarzen Loch wird. Schwarze Löcher haben eine sehr starke Anziehungskraft. Durch Projektion und Überstrahlung erzeugen wir schwarze Löcher in unserer Seele. Dies passiert dann, wenn die Not, die Bedürftigkeit so bedeutend wird, dass ihre Erfüllung zur Überlebensfrage wird.

Wenn ein Kind erlebt, dass seine Bedürfnisse nicht wahrgenommen oder gar abgelehnt werden, wenn es erfährt, dass es wählen muss zwischen Bedürfnisbefriedigung oder Zugehörigkeit, also zwischen Autonomie oder Sicherheit, dann bildet es die Veranlagung zum Suchtcharakter. Dies ist in unserer Gesellschaft so häufig, dass es uns normal erscheint. Wir kokettieren sogar damit nach etwas „süchtig“ zu sein und daher nicht „anders zu können“.

Anne Wilson Shaef hat sich in ihrem Buch „Im Zeitalter der Sucht“ näher mit dieser gesellschaftlichen „Normalität“ beschäftigt. Sie beleuchtet in ihren Büchern alltägliche Pänomene im Hinblick auf Sucht, Abhängigkeit und Co-Abhängigkeit. Es ist unter anderem deren Lektüre, die mich zu meinem hier beschriebenen Meinungsbild geleitet hat.

Sucht ist eine Erwartungserinnerung. Wir erinnern uns an die Erwartung (von Erleichterung), nicht an die Enttäuschung. Die Entäuschung nämlich, dass diese Erwartung in der Regel unerfüllt bleibt. So versuchen wir immer „mehr desselben“. Wir drücken immer engagierter, um eine Tür zu öffnen, auf der eigentlich „ziehen“ steht. Die Verzweiflung und die Not wachsen, der Abstand und die Ressourcen schwinden, wir sitzen fest. Zu schwach um uns zu befreien, weil wir unsere Kraft an die kathartische Idee der endlichen Bedürfnisbefriedigung verschwendet haben. Das kann tödlich enden!

Wir hängen an der Nadel, die uns mit Gift versorgt und eben dieses Gift schwächt uns immer weiter, sodass wir am Ende quasi verhungern. Es ist, als würden wir eine leere Schachtel immer wieder öffnen, um etwas Nahrhaftes zu erhalten.

Menschen haben im Wesentlichen zwei Grundbedürfnisse: Bindung und Autonomie bzw. Sicherheit und Freiheit. Dürfen diese gleichberechtigt bestehen, kann Zufriedenheit, Lebendigkeit und Glück gelingen. Wenn Autonomie, also Selbstwirksamkeitserleben und Zugehörigkeit in einen Konflikt gebracht werden, einander also vermeintlich auschließen, dann kommt es zu einem gnadenlosen innermenschlichen Totentanz.

Dieses Mem ist in unserer Gesellschaft leider weit verbreitet, eine Art transgenerationaler Erbfluch aus militärischen Zeiten. Man propagiert Härte, Genügsamkeit, Disziplin, Klarheit und Fleiß, man verachtet Transzendenz, Zärtlichkeit, Mitgefühl und Sensibilität, das ist mindestens deutsche Tradition. So glaubte man, Kriege gewinnen oder wenigstens überstehen zu können. Das mag sogar stimmen, aber Frieden oder Zufriedenheit schaffen, dass kann man nur mit unerschrockener Herzlichkeit, durch vertrauensvolle Liebe und den Mut zur Verbundenheit.

So bleiben wir, uns gegenseitig und in unserem tiefen Glauben selbst verstärkend, im Netz einiger fataler Irrtümer gefangen. Dieses Netz zu zerschneiden, benötigt den Mut eines Narren und das treue Herz seines Hundes.

In Anlehnung an Kafkas Text „Auf der Galerie“ möchte ich sagen: Möge jemand das Halt ausrufen, möge jemand diesen Zirkus beenden…

Möge die schweigende, leidende Menge eines Tages erkennen, dass sie in Liebe und Sehnsucht verbunden ist – möge die Stille zu einem dröhnenden Sturm heranwachsen, der einem Taifun gleicht. Einem Wirbelsturm, der sich gleichmütig einen Weg durch die Stadt der Lügengebäude bahnt und alles zum Wiederaufbau vorbereitet, was uns gefangen hält.

In diesem Sinne…

Your choice, take it, take care…

Toleranz braucht Humor, Gelassenheit kommt von gehen lassen…

Der Begriff Toleranz kommt von tolerare – ertragen oder erdulden. Der Begriff attraktiv bedeutet anziehend und, so möchte ich meinen, auch verbindend. Etwas, was ich nicht als anziehend, vielleicht sogar als abstoßend empfinde, wird dann zum Problem, wenn ich es nicht tolerieren kann. Wenn etwas Toleranz benötigt, ist es eben nicht verbindend, sondern tendenziell trennend. Trennung birgt immer die Gefahr des Abschgeschnittenseins, des Verlustes von Zugehörigkeit und kann sich mehr oder weniger bedrohlich anfühlen.

Je mehr Gemeinsamkeiten man mit jemandem oder etwas findet, desto verbundener und damit auch sicherer empfinden wir uns. Die gemeinsame Schwäche für eine alltägliche Nachlässigkeit kann verbindend sein, ebenso gemeinsame Interessen, Vorlieben und Abneigungen. So loten wir unseren Platz im Weltgefüge ständig neu aus.

Wir lernen jemanden oder etwas kennen und prüfen, inwieweit es zu Resonanzen oder Synergien kommt. Wir stellen fest, dass wir nicht allein sind oder eben, dass wir nicht dazugehören. Woran wir dies messen, liegt an uns.

Zwei Seiten aus meinem Artjournal vom letzen Jahr

Es gibt Menschen, die achten auf Gemeinsamkeiten und versuchen diese zu verstärken und es gibt Menschen die tendenziell eher nach dem suchen, was sie von anderen trennt.

Wer nach „Fehlern“ sucht, wird immer mindestens ein Haar in der Suppe finden. Ob wir es dann einfach beiseite legen oder die Suppe für uns ungenießbar wird, darum geht es bei dem Begriff „Toleranz“.

Epiktet wird die Aussage zugeschrieben, dass „nicht die Dinge die Menschen beunruhigen, sondern unsere Sicht der Dinge.“ Es obliegt also uns, wie die Welt ist?

Wir können unseren Fokus bewusst setzen, uns also dafür entscheiden, auf welchen Teil wir achten wollen, ob wir auf Verbindendes oder Trennendes achten möchten. Diese Entscheidung benötigt allerdings das Bewusstsein darüber, dass dies tatsächlich (nur) eine Entscheidung ist und vor allem, dass „jedes Ding zwei Seiten hat“, es also immer Licht und Schatten gibt, es kein allein Verbindendes oder allein Trennendes gibt.

Wie unerträglich ist es, wenn jemand anderes eine andere Meinung, Vorliebe oder Vorgehensweise hat. Wie sehr fühlen wir uns getrennt, wenn jemand Eigenschaften oder Verhalten zeigt, was uns emotional triggert, also ärgert, verletzt oder ekelt?

Je mehr wir in uns selbst ruhen, je mehr wir uns selbst und anderen sicher sind, desto weniger „kratzt“ uns das Anderssein. Ein Trigger ist wie ein Schalter, der in uns eine Art Warnlampe anschaltet. Diese Schaltverbindung ist meist unbewusst gelegt worden und reicht oft bis in die Anfänge unserer Existenz zurück. Je bewusster mir diese Schalter sind und je besser ich lerne, solche Schaltverbindungen zu regulieren, desto toleranter kann ich sein. Ist es also vielleicht doch keine freie Entscheidung, welchen Fokus ich auf die Dinge setze? Ja und nein. Jedem Menschen werden meist unbewusste Bewertungsmaßstäbe quasi in die Wiege gelegt. Wie wir damit umgehen wollen, das können wir entscheiden.

Humor ist dabei wie ein Blitzableiter für einen Trigger. Wir lachen, um die „Alarmenergie“ abzuleiten. Dann lassen wir los. Wir lassen das latente Gefühl von Bedrohung gehen, wir lassen es in die Erde abfließen, ja, man könnte sagen, wir erden uns oder kommen auf den Boden zurück. Ich empfinde es auch manchmal so, als ob man einem Ball, der auf einen zufliegt selbstverständlich aus dem Weg geht. Das gilt natürlich um so mehr für Pfeile, die einen vermeintlich abschießen wollen oder auch für herumstehende Schuhe, die einen dazu einladen sich schmerzende Blasen darin zu erlaufen.

Unter „schwerem Beschuss“ ist es nachvollziehbar schwieriger auszuweichen oder sich zu schützen, als wenn vereinzelt mal ein Anwurf kommt oder ein Hundehaufen herumliegt.
Für ersteres benötigt man möglicherweise eine Art von Schutzkleidung oder Schild.
Alles ist auch Übung. Man benötigt das Bewusstsein, den Willen, das Vertrauen und einiges an Mut, um Veränderungen im Hinblick auf seinen Umgang mit den Triggern zu erlangen.

Ganz sicher hilft es, zusätzlich den Blick auf das Verbindende zu trainieren, denn es gibt uns Kraft, Sicherheit und Trost. Es geht also nicht nur darum, die Schaltkreise des Alarmsystems zu erneuern, sondern auch darum, unser Belohnungzentrum zu bedienen, um quasi die inneren Sicherheitsspeicher zu füllen.

Das Belohnungszentrum springt nämlich immer dann an, wenn etwas positives geschieht, wir eine Gemeinsamkeit feststellen, etwas, was uns irgendwie sagt „du gehörst dazu, du bist gut so, wie du bist, du wirst wahrgenommen etc.“. Das funktioniert leider erschreckend zuverlässig bei Suchtmitteln bzw. macht Dinge zu Suchtmitteln. Deswegen lieben wir Likes und Schokolade…

Humor kappt die Bedrohung und belohnt uns zugleich. Des Weiteren kann man dadurch lernen, die Dinge nun nicht mehr als bedrohlich, sondern als neutral, vielleicht auch als kleine charakterisierende Eigenheiten wahrzunehmen, sie quasi als Erkennungsmerkmal sogar zu lieben.

Dann wird aus dem Ärgerlichen etwas Liebenswertes, was uns an die Verbindung zu etwas oder jemanden erinnert. Und genau dies ist es dann, was uns einzigartig macht. Zu Udo Lindenberg gehören Hut, Sonnenbrille und die charakteristische Aussprache, zu Angela Merkel die hängenden Mundwinkel…

Die Welt ist voll von unperfekten und dennoch vollkommenen „Dingen“, ob wir sie fürchten oder lieben, sie sind, wie sie sind…

Your choice, take it, take care…

Toxisches Verständnis, mir reichts, ich geh schaukeln!

Als Pädagogin und Therapeutin bin ich gehalten, verständnisvoll zu sein. Gunther Schmidt hat einmal angemerkt, dass ein guter Therapeut seine Ausbildung bereits im Kindesalter beginnt. In der Tat bin ich bereits früh mit der Idee aufgewachsen, dass man etwas nicht übel nehmen sollte, was nicht „so gemeint“ ist und dass man Verständnis für das soziale Unvermögen anderer haben sollte. Mir wurde vermittelt, dass dies christlich und gut sei.

Ist jemand ignorant, rücksichtslos, gemein, agressiv oder egozentrisch, dann kann er oder sie ja vielleicht nichts dafür, hatte eine schlechte Kindheit, war gerade überarbeitet oder ist krank, da sollte man doch versöhnlich sein und es dem anderen nicht als böse zurechnen…
Und schließlich kann man ja selbst einmal in die Lage kommen, dass man sich suboptimal verhält und dann wäre es doch gut, wenn man auf Verständnis träfe. So weit, so gut…

Forrest Gump sagte in dem gleichnamigen Film: „Dumm ist der, der Dummes tut“. Und in Anlehnung an diesen Satz möchte ich sagen: „Wer sich wie ein Arschloch benimmt, ist ein Arschloch!“. Wie soll ein Mensch lernen, dass sein Verhalten sich negativ auf ihn oder sie auswirkt, wenn es immerzu toleriert wird und ihm oder ihr keine Grenzen gesetzt werden?

In der Pädagogik, also den Erziehungswissenschaften gibt es den Leitsatz „Positives verstärken, negatives begrenzen“. Leichter gesagt als getan, wenn man sich in einer sozialen Bindung zu einem Menschen befindet. Ist es ein Familienmitglied, Freund oder Freundin oder gar ein Beziehungspartner, dann wird das Thema zum Bindungskonflikt.

Auf der einen Seite möchte man die Bindung nicht verlieren, auf der anderen Seite kann man sie eigentlich nicht aufrecht erhalten, wenn das Gegenüber immerwährend toxisches Verhalten zeigt. Ein teuflischer Tanz um Nähe und Distanz beginnt, ein Spiel, welches man im Grunde genommen nicht gewinnen kann. Für Romane und romantische Geschichten ist so eine Beziehungsgestaltung großartig, spannend, unterhaltsam und dynamisch, für das Leben ist sie schlicht toxisch, zerstörerisch und lebensfeindlich!

Da gibt es die kleinen Jungen, die die kleinen Mädchen ärgern, um deren Aufmerksamkeit zu bekommen. Da gibt es die Kumpels, die sich gegenseitig mit raubeinigen Gesten ihre „Zuneigung“ zeigen, indem sie sich gegenseitig übel mitspielen. Da gibt es zahlreiche sozial inkompetente Menschen, die sich auf ihrer „Beziehungslegasthenie“ ausruhen und Verständnis für ihr Unvermögen einfordern.

Es ist schade, dass viele Menschen nicht gelernt haben, wie man Beziehungen aufbaut und erhält. Es ist traurig, dass viele Menschen unter Bindungsstörungen leiden und es ist tragisch, dass alle Menschen Zugehörigkeit brauchen, aber viele nicht wissen, wie sie diese erreichen können. So manch einer erklärt dann auch die „Trauben als zu sauer“ und behauptet, dass er oder sie gar nicht dazu gehören will… Ein großes Thema, eines über das es sich zu philosophieren lohnte.

Verbundenheit und Emphatie sind angeboren, sie sind dem Menschlichen immanent. Man kann sie verlernen, aber auch wieder erlernen. Soziale Kompetenz ist kein Hexenwerk und Bindungstraumata können so geheilt werden, dass man trotz Behinderung gute und tragfähige Beziehungen (er)leben kann!
Alles was es braucht, ist, den Mut eine Entscheidung zu treffen. Viele Menschen verfahren frei nach dem Motto „Ich könnte, wenn ich wollte, aber wollen-können kann ich nicht“.
Dem möchte ich entgegensetzen: „Nicht, weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern es ist schwer, weil wir es nicht wagen.“ – und ja, manchmal ist springen besser als fallen und die ersten Schritte in ein erfülltes Leben können eine Nachtmeerfahrt sein, ein Schritt ins Dunkel, ein ängstliches, bisweilen zweifelndes, wütendes, verzagtes, ungeduldiges Lauschen in die dunkle Stille.

Man muss langsam gehen, Schritt für Schritt, man muss Vertrauen wagen, Atemzug für Atemzug und ja, man muss sich dafür entscheiden, jeden Augenblick neu. Es braucht Geduld und Selbstliebe, es braucht die Ermutigung und Liebe anderer, klare Grenzen und bisweilen auch eine klare unnachgiebige Langmut. Es braucht ein geduldiges Beobachten gelingender Prozesse, ein andauerndes Fragen nach der besten Lösung.
Aber ein nachlässiges, grenzenloses Verständnis ist kontraproduktiv für die Lernkurve!

Für den oder die, die es lernen wollen ist es, als würden sie in eine sternenlose Nacht hinaustreten, in einem dunklen Wald stehen, schutzlos. Vielleicht haben Sie schon einmal irgendwo im Dunklen gestanden und festgestellt, dass sich die Sinne nach einer Zeit an die Dunkelheit gewöhnt haben. Plötzlich haben Sie Konturen wahrgenommen, ein leises Erkennen setzte ein und irgendwann konnten Sie „sehen“ – so ähnlich ist es, wenn man lernt.

Lassen Sie kein tumpiges Verhalten durchgehen, nicht bei sich selbst und nicht bei anderen. Verzeihen Sie sich und anderen, ja, aber bleiben Sie konsequent und lösungsorientiert, andernfalls wird das Unkraut unseren Garten überwuchern und die Ernte wird mau ausfallen…

Das ist nicht leicht, denn es bedeutet, dass man die schöne Illusion von Freundschaften und Beziehungen bisweilen in der Realität ertränken muss. Man verliert Liebgewonnenes und fällt möglicherweise lange durch einen nebelerfüllten Schacht, schlägt hart auf und braucht eine Weile, um sich zu erholen. Man wird traurig sein und feststellen, dass man versucht hat, in einer Fatamorgana zu leben…

Dennoch ist es der einzige Weg in die Heimat. Was denken Sie? Wagen Sie den Schritt ins ungewisse Glück oder arrangieren Sie sich mit den Arschengeln?
Das eine, das andere, beides, keines von beidem und noch viel viel mehr ist möglich…

your choice, take it, take care…

Plötzlicher Gefühlstod – Intuition versus Gefühl, wenn dein Herz dich fickt oder Hollywoods Irrtum…

Wir leben in einer Zeit, in der die Medien unser Weltbild mehr beeinflussen als unsere direkte Erfahrung. Menschen wachsen mit Ideen und Weltbildern auf, die tief romantisch und religiös verklärt sind – und das trotz vermeintlicher Aufklärung.

Direkt bemerken wir es manchmal, wenn wir feststellen, dass „Instalife“ nicht „real“ ist, dass das Bild im Restaurant ganz anders aussieht als das Essen auf dem Teller, dass die neue XY-Diät bei „mir“ irgendwie nicht funktioniert oder dass mein Parter, meine Partnerin, meine Familie und Freunde anscheinend irgendwie nicht so toll sind wie die anderer …

Es gibt Menschen die glauben, dass etwas, was im „Fernsehen“, vielleicht in den Nachrichten „berichtet“ wurde „wahr“ ist… ich benötige viiiele Anführungszeichen in diesem Text… In der Zeit der Romantik, so um 1850, als die Märchen von den Gebrüdern Grimm zusammengestellt wurden, als die Geschichten von Frankenstein und Drakula entstanden, als man vom Nachtmar sprach und Goethe seinen Werther mit gebrochenem Herzen in den Freitod schickte. In dieser Zeit wussten die Menschen noch besser, dass das Drama auf die Bühne gehört – zumindest vermute ich dies.

Ich wünschte, wir würden mehr durchatmen und einander in fehlertoleranter Herzlichkeit begegnen, uns selbst nicht zu ernst nehmen und vor allem sollten wir unserem Bauchgefühl nicht uneingeschränkt trauen!

Es gibt einen Unterschied zwischen Intuition und einem Bauchgefühl… die Intuition ist unabhängiger und beständiger. Sie speist sich wohl eher aus dem Herzen, während der Bauch auch gern mal spontanen Gruselphantasien und Ängsten folgt. Das Herz ist weniger ängstlich.

Stefanie Stahl benutzt den Begriff „plötzlicher Gefühlstod“ für Menschen, die in Beziehungen plötzlich beginnen sich an allen möglichen Kleinigkeiten zu stören. Eben noch waren sie überschwänglich verliebt und überzeugt, das perfekte Gegenüber gefunden zu haben und nun, diese Geste, diese unerträgliche Angewohnheit, diese Vorliebe oder jener Gesichtsausdruck… Es entstehen Aversionen, die alle Faszination töten wie ein Haar in der Suppe oder eine Schabe auf dem Eisbecher. Wenn wir diesen Gefühlen trauen, sind wir übel gefickt, ja, diesen Ausdruck möchte ich so lassen ;-).

Wir schreiben es dem Herzen zu, aber in Wirklichkeit ist es nur ein Ausdruck eines Bedürfnisses nach Autonomie und Sicherheit. Das Nervensystem hat bei vielen Menschen gespeichert, dass man etwas Gutem besser nicht traut, es sucht den Haken und den findet es dann auch, immer. Diese Fehlprägung kann uns gründlich das Leben vermiesen, wenn wir diesen aufflammenden, diesen entzündlichen Emotionen trauen.

Hollywood liefert uns reichlich Klischees darüber wie Menschen und Beziehungen, wie Leben sein sollte. Nur leider entsprechen diese Ideen den geschönten Bildern in Prospekten, ähnlich wie die oben erwähnten Bilder aus der Speisekarte selten so aussehen, wie das Essen, was wir dann auf dem Teller haben.

Atmen, lachen, für sich sorgen, weitergehen und warten bis der Anfall vorbeigeht – das wäre so mein Tipp. Kein Mensch ist perfekt und gleichzeitig ist jeder Mensch vollständig…

Solange wir den Wert von Herzlichkeit und Verbundenheit nicht empfinden, bleiben solche Worte leider nur Kalendersprüche…

Intuition liegt eine Ebene tiefer, sie entspringt aus Verbundenheit…

Was hast du erlebt? Beobachte und lernen, es lohnte sich…

your choice, take it, take care!