Marzipan & Weisheit? Ein Gedankengang

Heute habe ich zum ersten Mal Königsberger Marzipan gebacken. Es ist die Zeit der Wintersonnenwende, die Zeit von Weihnachten, Jahreswechsel, guten Vorsätzen und verwünschten Neuanfängen…
Routine ist etwas Gutes, sie bietet einen Rahmen, sie bietet Halt, Struktur und Sicherheit. Routine ist etwas Sinnvolles, sie kann wie ein Nährboden sein für einen blühenden Garten. Wenn wir uns aber in den frisch gepflügten Mutterboden krallen und ihn argwöhnisch bewachen, dass ja kein Unkraut darauf wächst, wenn wir ihm nicht unsere Saat anvertrauen und nichts wachsen lassen, aus Angst, dass es, frei nach dem „kleinen Prinzen“, vielleicht ein Affenbrotbaum sein könnte, dann wird Routine zur Wüste.

Auf der anderen Seite ist es auch nicht gut, wenn der Boden zu steinig ist. Wenn die Routine so starr ist, dass die zarten Wurzeln neuer Ideen oder Handlungsweisen sich nicht darin verankern können. Oder wenn er so sandig ist, dass sich kein Wasser darin hält, um ihnen genug Lebenskraft zu bieten…

Was hat das nun mit Marzipan zu tun? Oder gar mit Weisheit?

Die Geschichte dazu lautet folgendermaßen:
Ich suchte nach einem passenden Mitbringsel zu Weihnachten. Es hieß: „Marzipan, vor allem Königsberger Marzipan“ würde gut ankommen. Also machte ich mich auf, um Königsberger Marzipan zu erstehen. „Ist doch kein Problem“, dachte ich, „kann man ja bestimmt überall kaufen“, dachte ich, – dachte ich…
Nun war es aber zum einen schon kurz vor Ultimo, also drei Tage vor Weihnachten, und zum anderen – Sie können es sich denken – war es entweder ausverkauft oder sündhaft teuer zu fragwürdiger Qualität. Das Internet kam ebenso nicht mehr in Frage, wenn ich es noch in diesem Jahr verschenken wollte.

Was also tun? Einen Gutschein schenken? Nein, sicher nicht! Die teuren Reste aufkaufen und etwas in meinen Augen Minderwertiges verschenken? Nein, auf keinen Fall! Also beschloss ich, es selbst zu machen. Etwas, was ich als Fundament aus meinem Elternhaus mitbekommen habe: Wenn du es nicht bekommst, wie du es dir wünschst, dann kannst du immer noch versuchen, es selbst zu machen.

„Heutzutage“, so dachte ich, „gibt es doch sicherlich zig Anleitungen für sowas im Internet“, dachte ich… Also versuchte ich erst, weil mir dies als leichtester Zugang erschien, ob ich eine Videoanleitung dazu finden könnte. Ich fand drei. In der ersten sollte man das Marzipan erst einmal einen Tag lang ausgestochen trocknen lassen – einen Tag, den ich nicht hatte. In der zweiten benötigte man ein spezielles Werkzeug für die Form, das erschien mir dann etwas übertrieben. Und in der dritten sah das Ergebnis so appetitlich aus als ob es – freundlich gesagt- wirklich „selbstgemacht“ war.

Dann suchte ich nach Rezepten, also schriftlichen Anleitungen… darin stand zwar, was man benötigen würde, aber nicht, wie lange man das Marzipan bei welcher Themperatur backen sollte. Was im Übrigen auch in allen Videos fehlte. Außerdem war es irgendwie stets recht kompliziert beschrieben.
Ein paar Informationen konnte ich dennoch abgreifen. Ich kaufte also Marzipanrohmasse, Rosenwasser, Puderzucker sowie zwei verschiedene Sorten Marmelade ohne Fruchtstücke. Ein spezielles Gerät hatte ich nicht, also überlegte ich mir eine andere Lösung aus. Und siehe da – es gelang. Mein Königsberger Marzipan war weder in der typischen Form, noch hatte es die typische Füllung, aber es war mein Königsberger Marzipan. Ich war ausgesprochen zufrieden mit dem Ergebnis: Nicht zu hart, nicht zu süß, nicht zu aufwendig und äußerlich recht ansprechend.

Das Wichtigste aber ist, dass ich etwas Neues gelernt habe; dass ich aus dem, was mir zur Verfügung stand, etwas geschaffen hatte, was meinen Vorstellungen entsprach und seinen Zweck bestens erfüllte. Mein Selbstwirksamkeitserleben jubilierte stolz und fröhlich als ich das Ergebnis prüfte. Das war viel besser, als in den Laden zu gehen und einfach etwas zu kaufen…
Dahinter oder darunter liegt eine Denkroutine – ein Boden, auf dem mein „Mandelbäumchen“ wachsen konnte. Die Idee, dass man etwas selbst kreieren kann und dass es erlaubt ist, dies auf die eigene Weise zu tun – auf eigenen Wegen, frei um Hindernisse meandernd, mit Neugier, Mut und Freude. Frei nach dem Motto: Das Ziel im Sinn, den Weg gehen, anstatt den Weg im Sinn, das Ziel verfehlen… Was meinen Sie?

So lasst uns denn ein Mandelbäumchen pflanzen…

Your choice, take it, take care.