Das Wort Gift bedeutet im Englischen Geschenk, im Deutschen bedeutet es, dass etwas schädlich ist. Dieses Teekesselchen ist ein „falscher Freund“, beide Begriffe haben eine gegensätzliche Bedeutung. Dieses Wortspielchen fiel mir ein als ich darüber nachdachte, wieso manche Geschenke giftig sind.
Im Grunde ist es passive Gewalt, wenn man jemandem etwas schenkt, von dem man weiß, dass es den anderen verletzt. Passive Gewalt nennt man es, wenn die Agression maskiert wird. Sie ist perfide, weil der oder die Agierende sich hinter argloser Absichtslosigkeit verstecken kann, falls die Zielperson sich wehren wollte. So ein „Geschenk“ wirkt wie eine hinterhältige Verletzung, gegen die man sich nur schwer wehren kann.
Dazu fällt mir der Spruch „das Gegenteil von gut ist gut gemeint“ ein. Es ist zwar nicht immer gut gemeint, aber es wird als solches verkauft. Sie bitten jemanden z.B. um Hilfe und diese Person hilft engagiert, nur können Sie sich gar nicht über diese Hilfe freuen, denn was auch immer Sie erhalten, ist nicht das, was Sie brauchten oder wünschten, meist ist es hinterher noch schlechter als vorher. Nur sind Sie jetzt genötigt, „dankbar“ zu sein, obwohl Sie im Grunde genommen geschädigt worden sind.
Vielleicht erhalten Sie auch ein Geschenk, Nussschokolade für den Allergiker, eine Schlager-CD für jemanden, der diese Musik ablehnt… Als Kind erhielt ich einmal im Juleklapp eine verrottete Mandarine und ein Kinderbuch über ein Thema, mit dem ich nichts anfangen konnte. Letzteres war sehr wahrscheinlich keine Absicht, denn das Kind, welches mir dieses Päckchen überreichte, kannte mich gar nicht. Kennt der oder die Schenkende Sie aber, dann sieht die Sache anders aus.
Es ist nicht immer Absicht, manchmal ist es auch Unvermögen; den Unterschied bemerken Sie an der Reaktion Ihres Gegenübers. Äußert die Person Bedauern, Verständnis oder Mitgefühl und sucht den entstandenen Schaden wieder auszugleichen, wenn Sie Ihren Schmerz oder Ihre Enttäuschung zeigen? Hat sie Interesse daran, Ihre Beziehung durch ausgleichendes Verhalten wieder ins Lot zu bringen? Das wären gute Zeichen.
Wenn es aber dazu kommt, dass man Sie als zu anspruchsvoll, undankbar oder empfindlich bezeichnet und keinerlei Mitgefühl für Ihren Schmerz zeigt, sondern im Gegenteil, Ihnen quasi auch noch die Schuld an Ihrer Verletzung in die Schuhe schiebt, dann ist dieses Nachtreten ebenfalls Gewalt und weist zumindest auf eine gewisse Gleichgültigkeit Ihnen gegenüber hin. Manche Menschen ziehen aus diesem passiv-agressiven Verhalten auch eine Genugtuung. Sie können anderen unter dem Mäntelchen der gutmenschlichen Hilfsbereitschaft schaden, quasi ohne dafür belangt zu werden. Sie maskieren ihre Agression geschickt und können sich leicht empören, falls man ihnen Vorwürfe machen sollte. Zudem ist es auch so viel leichter im Außen Verbündete und Bestätigung für sein heldenhaftes Verhalten zu bekommen. Der oder die „Beschenkte“ hat das Nachsehen und bleibt mit seinem Schmerz und dem Schaden ohnmächtig zurück.
Ist es Ihnen auch schon einmal passiert, dass eine Hilfe oder ein Geschenk nicht passte? Wie haben Sie sich verhalten? Was würden Sie sich in diesem Fall von einem Gegenüber wünschen?
Wenn ich nicht weiß, was ich jemandem schenken soll, aber das Bedürfnis habe, jemandem etwas Gutes zu tun, dann frage ich nach. Ich frage nach Hobbys und Interessen, danach, ob ich dieser Person etwas Gutes tun darf und kann, ich höre genau zu, ob ich zwischen den Zeilen in einem Gespräch etwas erspähen könnte. Lieber schenke ich nichts und übersende nur allerliebste Grüße, als dass ich den anderen wohlmöglich unabsichtlich verletze.
Im Zweifel einfach mal nachfragen, so sehe ich das. Wie sehen Sie es?
Your choice, take it, take care…